Blick hinter die Kulissen | Sonderausstellung "Überlebenskünstler Mensch" - Homo sapiens Figuren

14.07.2021 Laura Meis

Zwei Frauen sitzen vor einer weiblichen Figur. Foto:LWL/Steinweg

Früher wurden zur Darstellung der Evolution des Menschen gerne männliche Figuren gezeigt. Das LWL-Museum für Naturkunde in Münster geht andere Wege und zeigt in der Sonderausstellung „Überlebenskünstler Mensch“ zwei weibliche Figuren der bekannten Maskenbildnerin Lisa Büscher.

Die Ausstellung beleuchtet den Menschen in all seinen Facetten. Sie ergründet die zentralen Fragen nach dem Wesen, dem Ursprung und der Zukunftsgestaltung der Menschheit. Die beiden Figuren sind nicht nur die ersten Ausstellungsobjekte, die Angeliefert wurden, sondern zugleich auch Highlights der Ausstellung. Das Museum spricht in der Ausstellung die kulturelle Evolution des Menschen an. „Für diesen Bereich fertigte die Künstlerin Lisa Büscher im Auftrag des LWL zwei lebensgroße, detailgetreue Nachbildungen einer Schamanin und eines jungen Mädchens an einem Lagerfeuer an“, sagt Kuratorin Lisa Klepfer. Die gebürtige Münsteranerin, Lisa Büscher, hat in intensiver fünfmonatiger Arbeit die detailreichen, äußerst realistischen Körper der beiden Frauen hergestellt. „Ich bekam die Vorgabe, eine 40-60 Jahre alte, lebensreife Schamanin und ein etwa 12-16 Jahre altes, heranwachsendes junges Mädchen zu erstellen“, so die Künstlerin.

Die Ausstellungsmacherinnen Lisa Klepfer (links) und Dr. Hanna Rüschoff (rechts) zusammen mit der Künstlerin Lisa Büscher (mitte) und den zwei Figuren. Foto: LWL/Steinweg

„Wir wollen mit dieser Szene betonen, wie wichtig Sprache für die Entwicklung komplexer Gemeinschaften und die kulturelle Evolution des Menschen gewesen ist.“, sagt Ausstellungsmacherin Dr. Hanna Rüschoff und erläutert: „Unsere Sprache macht es möglich Wissen mit anderen zu teilen und zuverlässig weiterzugeben. Das Erzählen von Geschichten und gemeinsame Erzählungen bilden seit jeher den Kit unserer Gesellschaften.“ Die Szene spielt in der europäischen Kaltzeit vor etwa 20.000-12.000 Jahren und Büscher hat sich für die Szenerie bestimmte Körperhaltungen überlegt. „Die Schamanin sitzt im Schneidersitz und beugt sich sprechend und gestikulierend am Feuer nach vorne. Das Mädchen sitzt mit untergeschlagenen Beiden dabei und lauscht staunend der älteren Frau“, beschreibt Büscher ihre Figuren. Die besondere Herausforderung des Projektes bestand für die gelernte Spezialeffekt-Maskenbildnerin darin, bei den Figuren jeweils individuelle Züge und eine der Inszenierung entsprechende Gestik und Mimik herauszuarbeiten.

Lisa Büscher liefert die Figuren selbst in die Ausstellung. Foto: LWL/Steinweg

Der Entstehungsprozess begann mit einer eingehenden Recherche, wobei der gelernten Maskenbildnerin vom Museum an der Sentruper Straße wissenschaftliche Daten zur Verfügung gestellt wurden. Daraufhin suchte die Künstlerin zunächst geeignete, lebende Modelle. Sie fand eine Frau, die den Vorgaben für die Schamanin entsprach und formte ihren Körper ab. Das junge Mädchen jedoch modellierte Büscher frei. Sie begann die Köpfe und Gliedmaßen in Ton zu modellieren und individuell zu gestalten. Anschließend fertigte sie aus Silikon und Gips zahlreiche mehrteilige Negativformen von den modellierten Körperteilen an. Durch Füllen der Formen mit speziellen hautfarbenen Silikonen erhielten die Nachbildungen ihre elastische, lebensecht wirkende Hautoberfläche. Danach wurden die so erhaltenen Silikon-Rohlinge von der Künstlerin bemalt und in einem aufwändigen Verfahren Haare einzeln in die Häute eingestochen. Den Effekt, dass die Frauen einem scheinbar lebendig gegenüberstehen erreichte Büscher durch Einarbeitung feiner Details, wie etwa Poren und Falten auf der Haut, einer organischer Linienführung, der Einarbeitung natürlicher Asymmetrien, das Anbringen von kleinen Flecken und Äderchen auf der Haut, Mückenstichen oder gar kleinen Verletzungen.

Büscher studierte Illustration am Fachbereich Design in Münster und arbeitete im Rahmen ihrer Tätigkeit als Maskenbildnerin bei verschiedenen Filmprojekten bereits mehrfach im europäischen Ausland. Schon seit 2003 ist Büscher erfolgreich in den Bereichen Figurenbau, Prosthetics und Special-Makeup tätig und seit 2008 arbeitet sie nun schon mit dem Münsteraner Museum zusammen. Büscher gründete 2011 das Berliner Unternehmen „lifelike“. Büschers Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Bereich Figurenbau.

In der Ausstellung sind die zwei Figuren beim Geschichtenerzählen zu sehen, während das Lagerfeuer knistert.

Alle Fotos von: LWL/Steinweg

Die Figur der Schamanin und des jungen Mädchens am Lagerfeuer in der Ausstellung. Foto: LWL/Steinweg